Das Bockenheimer Netzwerk rettet Margarete Knewitz

Erinnerungsfotos kurz vor der Flucht mit Ehemann Hugo und Tochter Renate (Aufnahme Mai 1944) © Erica Ludolph
Erinnerungsfotos kurz vor der Flucht mit Ehemann Hugo und Tochter Renate (Aufnahme Mai 1944) © Erica Ludolph
1944 erhielt Margarete Knewitz im Mai eine Vorladung zu einem Verhör bei der Gestapo. Solche Verhöre führten zur anschließenden Inhaftierung und späteren Deportation. Mit konstruierten Anklagen, über Druck und Mürbemachen sollten die Vorgeladenen ihre Unterschrift unter die Anklageschrift setzen. Dieser Taktik folgte die gezielte Deportation der Frankfurter „jüdischen Mischehepartner“, was sich unter den Verfolgten herumgesprochen hatte.Die Tochter Renate Knewitz wandte sich Hilfe suchend an ihre Freundin Erica Ludolph und die wiederum wandte sich an die Pfarrer der Dreifaltigkeitskirche, die der Bekennenden Kirche angehörten. Pfarrer Welke nahm sich der Fluchtvorbereitungen an. Gleich am ersten Abend schlief Margarete Knewitz nicht mehr in ihrer Wohnung, sondern Tochter Renate brachte sie bei der befreundeten Schauspielerfamilie Impekoven unter. Welke begann nach einem Fluchtort zu suchen. Während dieser Zeit tauchte Margarete bei ihrer Freundin Grete Kerler in Memmingen unter. Es dauerte zehn Tage bis Welke durch die Hilfe von Pfarrer Kurt Müller in Stuttgart-Korntal ein Ersatzdokument auf den Namen „Margarete König“ inklusive Foto, ausgestellt am 22.5.1944 von der Gemeinde Höfingen, besorgt hatte. Er fand auch ein weit entferntes Versteck. Seine Ehefrau Illa Müller hielt sich bei ihrer Schwester Gertrud von Marschalck auf dem Gut Ovelgönne in Hechthausen auf, und hier sollte Margarete Knewitz alias Margarete König untertauchen. Auf der Fahrt von Memmingen in die Nähe von Cuxhaven wurde sie von Erica Ludolph begleitet. Vier Tage und Nächte benötigten die Frauen in diesen Kriegsmonaten mit Übernachtungen in verschiedenen Pfarrhäusern und einer mit Komplikationen verbundenen Bahnfahrt. Sie fuhren in den Abendstunden, um Kontrollen auszuweichen. Da der Fahrkartenkauf nur für eine Strecke von 100 Kilometern erlaubt war, bedeutete dies mehrere Unterbrechungen, Aufenthalte und Risiken. Nach der Ankunft in Hechthausen musste Margarete Knewitz noch vier Mal ihren Unterschlupf wechseln und verließ Ende 1944 die Gegend um Cuxhaven und fuhr über Bad Pyrmont nach Stuttgart zu Pfarrer Müller. Ende Februar 1945 wurde sie als Fliegergeschädigte bei der NSV angemeldet und erhielt Lebensmittelmarken. Ehemann Hugo Knewitz und Tochter Renate flohen vor den Verhören und Quälereien der Frankfurter Gestapo nach Ehrwald in Österreich.

Siehe: Petra Bonavita, Mit falschem Pass und Zyankali, Stuttgart 2009, S. 28-34
Kennkarte für Margarete Knewitz mit dem eingedruckten „J“ und dem jüdischen Namen Zilla, der sie als „Jüdin“ kennzeichnet. © Erica Ludolph
Kennkarte für Margarete Knewitz mit dem eingedruckten „J“ und dem jüdischen Namen Zilla, der sie als „Jüdin“ kennzeichnet. © Erica Ludolph
Ersatzdokument für Margarete Knewitz auf den Namen „Margarete König“, das Pfarrer Kurt Müller, Stuttgart, für die Zeit der Illegalität besorgt. © Erica Ludolph
Ersatzdokument für Margarete Knewitz auf den Namen „Margarete König“, das Pfarrer Kurt Müller, Stuttgart, für die Zeit der Illegalität besorgt. © Erica Ludolph
Die 23-jährige Erica begleitet Margarete Knewitz auf ihrer Bahnfahrt in ihr Versteck in Norddeutschland. © Erica Ludolph
Die 23-jährige Erica begleitet Margarete Knewitz auf ihrer Bahnfahrt in ihr Versteck in Norddeutschland. © Erica Ludolph
Margarete Knewitz während ihres illegalen Aufenthalts auf dem Gut der Familie von Marschalck in Ovelgönne 1944 (v.l.n.r.: Margarete Knewitz, Illa Müller (Ehefrau von Pfr. Kurt Müller), ihre Schwester Gertrud von Marschalck und deren Tochter Hildur) © Annette Kitt
Margarete Knewitz während ihres illegalen Aufenthalts auf dem Gut der Familie von Marschalck in Ovelgönne 1944 (v.l.n.r.: Margarete Knewitz, Illa Müller (Ehefrau von Pfr. Kurt Müller), ihre Schwester Gertrud von Marschalck und deren Tochter Hildur) © Annette Kitt

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