Die durchgestrichenen Namen auf der Deportationsliste vom 14. Februar 1945 weisen auf Personen hin, die sich im letzten Moment zum Untertauchen entschlossen hatten. Das waren zum Beispiel Irene D. und Sohn, die von der früheren Nachbarin Berta Gies im Keller in der Wielandstrasse versteckt wurden. Marianne M. wurde noch aus dem Deportationszug von ihrem Onkel herausgeholt, Vater Müller versteckte seine Zwillingskinder, Mutter Rosenberg brachte ihre zehnjährige Tochter zu Familie Ries nach Steinau. Die Liste der in letzter Minute Entkommenen liest sich auch als Ortsverzeichnis: in der Güntherburgallee bei Freunden versteckt, im Raum Offenbach untergetaucht, in Stockheim illegal, in Röllshausen mit Sohn untergetaucht, in Ulfa bei Schwager versteckt, bei einer Bauernfamilie in der Rhön oder in einem Kellerloch untergeschlupft. Die meisten Verfolgten zog es aus der Stadt heraus. Sie tarnten sich als Flüchtlinge aus den mittlerweile von der Roten Armee eroberten deutschen Ostgebieten oder als vor den Bomben geflohen und hofften dadurch auf bereitwillige Aufnahme bei der Landbevölkerung.
Einigen Verfolgten gelang es, ihren Namen nicht auf der Liste erscheinen zu lassen. Für Elfriede Schöps setzte sich der Betriebsführer der Firma Franz Wagner & Söhne ein. Er überzeugte den Gestapo-Inspektor Hummel von der Notwendigkeit ihrer Arbeit im Betrieb. Im Gegensatz zu anderen Sternträgern wurde sie nicht deportiert. Dem Arbeitgeber August Weimer und dem Gestapo-Spitzel Hans Baumann gelang es, Ernestine Hoffmann mit gleichen Argumenten vor der Deportation zu bewahren. Lili Scholz hatte bereits 1943 ihre Mutter durch Beziehungen und hartnäckig vorangetriebene Gespräche aus der Gestapo-Haft in Frankfurt geholt. Eine Anstrengung, die sich über Wochen hinzog. Ihre Mutter wurde von der Deportationsliste gestrichen, nachdem sie sich zu erpressten Liebesdiensten hergab.
Nach der Befreiung durch die Amerikaner veröffentliche die Exil-Zeitschrift „Aufbau“ im April 1945 noch 155 Namen von in Frankfurt verbliebenen Juden. Es waren fast nur ältere Menschen, von denen der Arzt Dr. Alfred Goldschmidt einige als „transportunfähig“ erklärt hatte.