Ernas Familienname gab ihre jüdische Herkunft sofort preis. Unmittelbar nach den Pogromtagen 1938 heiratete sie deshalb und aus dem jüdischen Hesekiel wurde über den deutschen Namensgeber Erna Höhmann. Der Musiker-Ehemann – aus Künstlerkreisen wie Erna selbst – meldete sich kurz nach der Hochzeit aus Frankfurt ab und ward nie wieder gesehen. Mit der Namensänderung war die erste Verschleierung ihrer jüdischen Herkunft gelungen. Ernas Zukunftspläne waren da längst zerstoben. Als Tänzerin hatte sie nur kurzzeitig und befristet Verträge erhalten. Die Nationalsozialisten ließen kein festes Engagement zu, und ohne Aufnahme in die Reichskulturkammer blieb ihr dies verwehrt. Daher war sie am 19. Oktober 1941 dabei, als im Hause ihrer Eltern in der Meisengasse ihre Mitbewohnerinnen Selma und Regina Schermann abgeholt wurden. Für sich selbst entschied sie, nicht tatenlos auf den Termin ihrer eigenen Verhaftung zu warten. Begleitet von ihrem damaligen Verlobten und guten Freunden wurde ihr illegales Leben in Frankfurt vorbereitet. Ein vorgetäuschter Selbstmord sollte die Gestapo ablenken. Sie ließ Kleidung und Wäsche demonstrativ zurück, verfasste einen Abschiedsbrief, den ihre Mutter auf dem Polizeirevier präsentierte als sie eine Vermisstenanzeige stellte. In den nächsten Tagen wurde die Mutter mehrmals auf das Revier gebeten, wenn wieder eine weibliche Wasserleiche zu identifizieren war. Den Vorbereitungen entsprechend war Erna längst bei dem Arbeiter-Ehepaar Ludwig und Anna Geisel in der Gellertstrasse 29 untergetaucht. Mit Lebensmitteln von ihrem Verlobten Karl Barth versorgt blieb sie drei volle Jahre in deren Wohnung. Drei Jahre untergetaucht in einer Wohnung in Frankfurt ist eine lange Zeit, und Ende November 1944 hielt sie dieses „Versteckt-Leben“ nicht mehr aus. Es war ein verfrühter Schritt in Richtung des befreiten Frankreichs, denn wenig später wurde sie in Straßburg von amerikanischen Truppen inhaftiert. Neun Monate musste sie im Gefängnis ausharren, bis ihre wahre Geschichte bestätigt und sie entlassen wurde. 1946 heiratete sie ihren Retter Karl Barth. In einer kleinen Stammtischrunde, deren Teilnehmer alle einen „Webfehler“ hatten– also nach NS-Gesetzen „nicht-arisch“ waren, erzählte sie ihre Geschichte. Erna Barth lebte bis zu ihrem Tod 1999 in einer Wohnung der Arbeiterwohlfahrt mit Blick auf den Main.
Zu Erna Barth siehe Petra Bonavita: Mit falschem Pass und Zyankali, Seite 84-86Kurz vor der anberaumten Deportation im November 1941 flüchtete auch Ferdinand Strauss aus Frankfurt in Richtung seiner Heimatgemeinde Michelstadt im Odenwald, in: Claudia Schoppmann „Da packte mich das Mitleid ...“ in: Sie blieben unsichtbar, Hg.: Beate Kosmala und Claudia Schoppmann, Berlin 2006, S.50-57; Petra Bonavita: Mit falschem Pass und Zyankali, Stuttgart 2009, S. 88f.